Ich hatte mich noch nie auf einer Party so sehr gelangweilt. Es mochte daran liegen, dass ich auch noch nie mit so schlechter Laune auf eine Party gegangen war. Und die schlechte Laune wiederum mochte nicht nur daran liegen, sondern lag ganz bestimmt daran, dass meine langjährige feste Freundin, der ich erst am Weihnachten zuvor einen Heiratsantrag gemacht hatte – den sie übrigens annahm, und zwar freudestrahlend und sogar mit ein paar Glückstränchen im Auge! – wenige Tage zuvor Knall auf Fall unsere Beziehung für beendet erklärt hatte und ausgezogen war. Das hatte mir einen ziemlichen Schlag versetzt, und ich war mir sicher, ich würde Monate brauchen, um mich davon zu erholen. Mit das Schlimmste an der Sache war, dass ich sie überhaupt nicht verstand. Es war mir absolut schleierhaft, wieso sie mich auf einmal so plötzlich verlassen konnte. Wir hatten keine Probleme miteinander gehabt, es hatte keinen Krach gegeben, ich hatte ihr nichts davon angemerkt, dass sie unzufrieden war, sie hatte sich nicht in einen anderen Mann verliebt – kurz, es war eigentlich alles in Ordnung. Wenigstens meiner Meinung nach. Sogar der Sex, den wir miteinander hatten, war für eine langjährige Beziehung noch erstaunlich aufregend und prickelnd. Auch meine Freundin hatte mir nicht richtig erklären können, weshalb sie auf einmal nichts mehr von mir und unserer Beziehung – ganz zu schweigen von unserer geplanten Hochzeit – wissen wollte. Sie hatte nur mehrfach wiederholt, sie wisse genau, das sei jetzt das Richtige, und davon konnte ich sie auch nicht abbringen, so sehr ich es auch versucht hatte. Im Nachhinein stellte es sich heraus, sie hatte in den Tagen zuvor schon alles vorbereitet gehabt. Sie hatte mir gerade erst mitgeteilt, dass sie mir den Laufpass gibt, da klingelte bereits ihr Bruder an der Tür, der noch zwei Freunde mitgebracht hatte, und die vier räumten mir die Bude aus. Alles, was ihr gehörte – und zum Teil hatte sie die Sachen bereits längst zusammengepackt gehabt, soweit es nicht zu auffällig gewesen wäre -, das war nun verschwunden. Und die hässlichen leeren Stellen an den Wänden, in den Schränken und überall in der Wohnung erinnerten mich jetzt ständig daran, was ich verloren hatte. Außerdem wusste ich genau, dass ich mir die große 4-Zimmer-Wohnung alleine gar nicht leisten konnte. Es war ziemlich unfair von ihr, mich einfach mit diesem nun überflüssigen Ballast sitzen zu lassen. Ich musste schauen, dass ich so schnell wie möglich eine neue, kleinere Wohnung fand, und bis dahin die teure Miete irgendwie zusammenkratzen.
Unter solchen Umständen ist man eigentlich überhaupt nicht in Stimmung für eine Party. Aber Stefan, einer meiner Freunde, hatte unbedingt darauf bestanden, dass ich kam. Das würde mich auf andere Gedanken bringen, meinte er. Außerdem hatte ich längst zugesagt; wenn auch nicht für mich alleine, sondern für mich und meine Freundin. Meine Verlobte … Trotzdem war ich eigentlich geneigt, die Party sausen zu lassen. Überreden doch zu kommen konnte er mich schließlich mit dem Argument, dass er meine Anwesenheit als Unterstützung brauche. Es ging nämlich nicht nur um eine Party, sondern die Party war nur der Abschluss des Abends. Vorher sollte er noch in einem Buchladen aus seinem ersten Buch lesen, das gerade bei einem kleinen Verlag erschienen war. Er war total stolz, endlich unter die echten, veröffentlichten Schriftsteller gegangen zu sein. Gleichzeitig hatte er aber auch furchtbare Angst, dass die Lesung und die anschließende „Launch-Party“ der totale Reinfall werden könnten. Er fürchtete, dass nur ganz wenige Leute auftauchen würden, und deshalb brauchte er mich als Trost und Stütze. Deshalb sagte ich seufzend also doch zu, warf mich an dem Abend in Schale – ich fand, zu einem solchen Anlass müsse man einen Anzug tragen, obwohl es sich anschließend herausstellte, ich war der einzige in solch förmlicher Kleidung – und ging zur Lesung. Die ließ sich auch noch relativ gut überstehen. Ich saß einfach da und hing meinen Gedanken nach, während Stefan aus seinem Buch las, das ich ja bereits kannte. Er hatte Jahre daran gearbeitet und mich immer wieder um Rat gefragt, wie er die Charaktere anlegen und die Geschichte sich entwickeln lassen sollte. Ich musste also gar nicht zuhören, um zu wissen, worum es ging. Mit der Ruhe war es jedoch sofort vorbei, als er seine Lesung beendet und ein paar Fragen der Anwesenden beantwortet hatte, denn danach ging es ans Bücher signieren. Wenn ich jetzt nicht ganz dumm herumstehen wollte, musste ich versuchen, mit ein paar der anderen ein Gespräch anzufangen. Das Dumme war nur, ich kannte dort überhaupt niemanden außer der Literaturagentin von Stefan, die ich schon mehrfach getroffen hatte, und die war natürlich vollauf beschäftigt und hatte kein Zeit für ein Schwätzchen. Ich versuchte mich ein bisschen im Small Talk. Zum Glück wollten die anderen vor allem über Stefan und sein Buch reden. Soweit ich nicht ohnehin nur zuhören musste, weil mein Gesprächspartner wie ein Wasserfall redete, konnte ich die Unterhaltung gut aufrecht erhalten.
Aber dann ging es ein paar hundert Meter weiter in ein Lokal für die Party. Leider gab es keine Tische mit festen Plätzen. Da hätte ich jeweils rechts und links einen Tischnachbarn in männlich oder weiblich gehabt, auf den ich mich hätte einstellen können. Es wäre mir dann sehr viel leichter gefallen, Konversation zu machen. Stattdessen hatte man aber ein Büfett aufgebaut, Stühle gab es kaum, und alles stand und ging im Raum herum, es bildeten sich Gruppen, die sich auch mal wieder auflösten, woraufhin neue gebildet wurden, und das alles lief so ziemlich an mir vorbei. Meine Energie, die dafür nötig ist, private Kontakte zu knüpfen, hatte ich schon bei der Lesung verbraucht; ich hatte keine mehr übrig. Hunger hatte ich auch keinen, sodass ich mich nicht einmal an einem Teller festhalten konnte. Ich hatte lediglich ein Glas Sekt in der Hand, der mir nicht schmeckte, und den ich nur trank, weil ich hoffte, damit etwas lockerer zu werden, und mit dem lehnte ich irgendwo an der Wand, einsam und verlassen, und betrachtete mir das muntere und fröhliche Treiben um mich herum. Ich hatte schon längst überlegt zu gehen. Stefan brauchte mich ganz eindeutig nicht mehr; seine Lesung und die Launch Party waren ein voller Erfolg, und er hatte sich auch noch nicht einmal um mich gekümmert oder mich gesucht die ganze Zeit. Von daher war der Zweck meines Auftauchens erfüllt beziehungsweise hinfällig geworden, und eigentlich hätte ich mich ohne weiteres davonstehlen können. Dass ich noch zögerte, hatte als Grund lediglich meine Trägheit. Das Glas Sekt hatte in gewisser Weise seinen Dienst getan. Ich war zwar weder beschwipst noch fröhlich, aber ein dumpfer Schleier hatte sich über alles gelegt, und mich mit totaler Passivität umhüllt.
Dann riss dieser Schleier jäh auf, als eine Frau geradewegs auf mich zu steuerte. Sie war mir vorhin bei der Lesung gar nicht aufgefallen; entweder hatte ich sie übersehen, oder sie war erst für die Party aufgetaucht. Die Lady war etwa Mitte 30, also in meinem Alter, so schätzte ich, und sie war sehr groß. Okay, sie trug auch hochhackige Schuhe, aber ich schätzte mal, dass sie mindestens 1,80 groß war, auch ohne High Heels – und damit überragte sie mich selbst ohne hohe Absätze um gut zehn Zentimeter. Sie trug etwas, das auf den ersten Blick an fließendes Wasser erinnerte, nur in Gold, nämlich ein goldfarbenes Kleid, das ihre sehr gute Figur ganz eng einschloss und im dämmerigen Licht in dem Lokal schimmerte wie Wasser. Oder wie tausend kleine Lichter aus Gold Es machte sie zu einem echten Glamour Girl. Ihre Haare, lang und leicht rötlich, fielen ihr glatt bis auf die nackten Schultern herab. Ihr Kleid endete nämlich direkt oberhalb ihres Busens. Ich fragte mich gleich, wie es denn an dieser Stelle halten konnte. Denn ihre Titten waren alles andere als klein und unauffällig; sie beulten den goldenen Stoff ordentlich aus, und den Gesetzen der Physik nach hätte das Kleid eigentlich konstant herab rutschen müssen. Ihre Augen waren dunkel, schienen aber zu funkeln, und ihr grell rot geschminkter Mund lächelte. Er lächelte mich an. Wenn ein solches Glamour Girl und Rasseweib auf einen zukommt, dann ist man nicht mehr träge und passiv; dann beginnt das Herz zu klopfen, der Atem beschleunigt sich, der Schweiß bricht aus, und der Schwanz richtet sich auf. All das geschah auch mit mir – und zwar innerhalb von Bruchteilen von Sekunden. Bis zum letzten Augenblick hatte ich ja die Befürchtung, dass sie mit ihrem Blick und ihrem Lächeln gar nicht mich meinte, dass sie auf einen ganz anderen Mann zuging – aber sie blieb tatsächlich direkt vor mir stehen – und schaute auf mich herab. „Du scheinst dich ja nicht gerade zu amüsieren“, bemerkte sie. Ihre Stimme klang ein wenig heiser und verraucht; unglaublich erotisch! „Gefällt dir die Party nicht?“ „Nicht unbedingt“, antwortete ich zurückhaltend. Ich wollte jetzt auch keine bösen Worte über die Party verlieren, die womöglich später bei Stefan landeten. Ob er diese Traumfrau in Gold kannte? Sie lachte. „Keine Angst – ich werde es Stefan nicht sagen, dass es dir nicht gefällt“, erklärte sie. Einen Augenblick schwieg sie und sah mich aufmerksam an. „Aber wenn du willst“, sagte sie dann, „können wir zu mir gehen. Vielleicht hast du da mehr Spaß.“
Mein wie wild hämmerndes Herz setzte ein paar Schläge lang aus. Träumte ich das jetzt, oder passierte es mir gerade tatsächlich, dass da ein echtes Glamour Girl, eine echte Traumfrau auf mich zugekommen war und mich zu sich nach Hause einlud, was ja nur einen Grund haben konnte, nämlich dass sie Sex mit mir, von mir wollte? Von so etwas träumen alle Männer – aber nur die wenigsten erleben es wirklich irgendwann einmal. Offensichtlich gehörte ich zu den wenigen Glücklichen. Trotzdem konnte ich es nicht so ganz fassen und zögerte mit meiner Antwort. Da nahm das Rasseweib mir schon das leere Sektglas aus der Hand, stellte es irgendwo ab, nahm mich beim Arm und zog mich durch die Menge bis zum Ausgang. Es war, als ob ich keinen eigenen Willen hätte – ich kam einfach mit. Was hätte ich auch sonst tun sollen … Draußen fragte sie mich, wo mein Auto stünde. Wir stiegen ein und fuhren zu ihr. Sie beschrieb mir den Weg, und erzählte mir unterwegs, dass sie Leonie heiße. Dann waren wir in ihrer Wohnung. Sie holte einen Sekt aus dem Kühlschrank, und ich musste die Flasche öffnen und uns beiden ein Glas eingießen. Heimlich sah ich mich dabei in der Wohnung um, die ich etwas seltsam eingerichtet fand. Es gab sehr viel Rot, sehr viel Plüsch und Brokat. Und was machte der große Spiegel an der Decke? Weil ich mehr auf meine Umgebung geachtet hatte, war es mir entgangen, dass Leonie längst begonnen hatte, sich auszuziehen. Ihr goldenes Kleid lag bereits auf dem Boden. Ein BH presste ihre großen Brüste fest zusammen, und ein Nichts von einem Höschen war durchsichtig genug zu sehen, dass sie rasiert war. Außerdem hatte sie nur noch ihre halterlosen Nylonstrümpfe und ihre High Heels an. Mir wäre es lieber gewesen, sie hätte sie ebenfalls ausgezogen; dann hätte sie mich wenigstens nicht so gewaltig überragt. Wobei ich gestehen muss, gerade die Tatsache, dass sie so viel größer war als ich, die verursachte auch ein ganz merkwürdiges Kribbeln in meinem Bauch und in meinem Schwanz. Irgendetwas gefiel mir daran. Wir tranken von dem Sekt, und dann trat sie zu mir, hob mit der Hand meinen Kopf nach oben, beugte sich zu mir herab und gab mir einen Kuss, der ebenso kühl und herb schmeckte wie der Sekt.
Nach einer Weile wagte ich es, die Hände an ihren Körper zu legen. Nach einer weiteren Weile hatte ich den BH-Verschluss in ihrem Rücken gefunden und geöffnet. Das Höschen zog sie sich selbst aus. Dann schob sie mich immer weiter zurück, bis ich direkt vor der Couch stand. Sie legte ihre Hände auf meine Schultern, beugte sich zu einem weiteren Kuss über mich und drückte mich dabei nach unten, bis ich auf dem Sofa nicht nur saß, sondern lag. Sie kniete sich über mich, mit ihren Schenkeln in den Nylons rechts und links von meinem Becken. Ganz langsam begann sie damit, mich auszuziehen. Ich ließ es geschehen. Als ich nackt war, legte sie sich der Länge nach auf mich. Ihr Körper ragte dabei unten ein ganzes Stück über meine Beine hinaus. Es war ganz komisch, es mit einer so großen Frau zu tun zu haben! Sie rieb meinen Schwanz mit ihrem Venushügel, dass ich aufstöhnte, und dann sorgte sie mit einer geschickten Handbewegung dafür, dass er in ihre Nässe eintauchte. Mit zuerst langsamen, dann immer schneller werdenden Bewegungen ritt sie mich zum Orgasmus und blieb nachher auf mir liegen. Irgendwann stand sie auf und zog sich wieder an. Sie fragte mich, ob ich mit ihr auf die Party zurückkehren wolle. Nein, dazu hatte ich wirklich keine Lust. Ich wollte weiter meinem glücklichen Traum nachhängen, von einem solchen Glamour Girl verführt worden zu sein. Also fuhr ich zwar wieder zu dem Lokal, ließ aber dort nur sie aussteigen und kehrte zurück in meine viel zu große Wohnung, wo ich das erste Mal, seit meine Freundin mich verlassen hatte, angenehm zufrieden, ja, fast glücklich war.
Erst viel später habe ich erfahren, was es mit dem Rasseweib in Gold, mit dem Glamour Girl auf dich hatte. Es war – natürlich, muss man eigentlich dazusagen, denn seit wann fallen einem denn solche Traumfrauen einfach in den Schoß? – kein Zufall, dass sie mich auf Stefans Launch Party angesprochen hatte. Vielmehr hatte Stefan sie zu mir geschickt. Er kannte Leonie gut, die beiden sind gut miteinander befreundet, und er wusste auch, welchen Beruf sie hat. Leonie ist nämlich eine Hure. Auf der Party ist sie allerdings eigentlich nicht als Hure aufgetaucht, sondern nur als gute Freundin, um Stefan zu seinem ersten Buch zu gratulieren. Sie wollte nur ein bisschen mitfeiern. Aber Stefan, so schilderte er es mir nachher, sah Leonie, dann sah er aus dem Augenwinkel heraus mich einsam und gelangweilt an der Wand lehnen und Trübsal blasen, und hatte eine Idee. Er nahm Leonie beiseite, schilderte ihr kurz, was mir gerade in meinem Privatleben zugestoßen war, mit der aufgelösten Verlobung und so weiter, und fragte sie, ob sie nicht Lust hätte, mich ein wenig aufzumuntern. Als Hure machte es Leonie nichts aus, einen fremden Mann anzusprechen, mit in ihre Wohnung zu nehmen und zum Sex zu verführen. Wobei ich mir schon einbilde – zumindest hoffe ich es doch sehr! -, dass ihr Beruf als Hure nicht der einzige Grund war, warum sie das mit mir durchgezogen hat. Da ist ein kleiner Funke Hoffnung in mir, dass sie es wenigstens ein kleines bisschen auch getan hat, weil ich ihr gefallen habe. Auch private Huren haben schließlich private Gefühle; und manchmal bringt es ihnen sogar selbst etwas, mit einem Mann zusammen zu sein. Hoffentlich war das bei mir der Fall. Wirklich herausfinden werde ich es allerdings nie. Ich kann sie auch nicht fragen, denn ich werde sie nicht wiedersehen. Das liegt jetzt nicht daran, dass sie eine sexgeile Hure ist, sondern eher daran, dass zwei Tage später ganz überraschend meine Freundin wieder bei mir eingezogen ist. Warum sie zu mir zurückkehrte, konnte sie mir dabei genauso wenig erklären, wie warum sie mich vorher überhaupt verlassen hatte. Ich habe mich gefreut, dass sie wieder da war. Allerdings hat mir die Episode mit der Trennung wohl doch einen emotionalen Knacks verpasst. Denn inzwischen bin ich derjenige, der daran zweifelt, ob wir beide wirklich so gut zusammen passen, und ob das mit der Heirat tatsächlich eine so gute Idee ist …