Sex im Freien | Begegnung mit dem Osterhasen
Diese Ostern habe ich den Osterhasen mitgenommen, denn er stand als Anhalter an der Straße. Doch, wirklich! Für alle die, die jetzt schon ganz empört den erzieherischen Zeigefinger heben, um mir zu erklären, dass es den Osterhasen natürlich nicht gibt: klar; das weiß ich ja. Ich bin ja schließlich kein Kind mehr. Es war ja auch nicht der richtige Osterhase, der da am Straßenrand den rechten Daumen hob und mitgenommen werden wollte. Und so richtig ein Anhalter war er auch nicht; nur hatte sein Fahrzeug, ein schon auf den ersten Blick als alles andere als neu erkennbares Auto, sichtlich den Geist aufgegeben, und er suchte anscheinend eine Mitfahrgelegenheit, um Hilfe zu holen. Da musste ich doch bremsen! Und für den Osterhasen erst recht … Ich war auf dem Weg zu meinem Mann zurück. Der hatte zu Ostern auf frischen Brötchen bestanden. Brötchen zum Aufbacken hatte ich zwar am Ostersamstag extra noch besorgt, doch die reichten ihm nicht – es mussten ganz frische Bäckerbrötchen sein, wenn es ein richtiges osterfrühstück sein sollte. Also verbrachte ich am Ostersonntag schon vor besagtem Oster-Frühstück eine halbe Stunde damit herauszufinden, welcher Bäcker denn wohl über Ostern aufhatte. Alle Bäcker aus der Umgebung, die ich mir über die Gelben Seiten herausgesucht hatte, rief ich an; in aller Regel vergebens, da meldete sich niemand. Natürlich – es war ja auch Ostern! Da haben die Geschäfte dicht, und die Bäcker ebenfalls.
Mein Mann hatte sich, nachdem er mir eine Szene gemacht hatte wegen der fehlenden Brötchen – er benahm sich manchmal wirklich wie ein total verzogener Junge; wahrscheinlich, weil seine Mutter, alleinerziehend, ihn immer total verwöhnt hatte – wieder ins Bett zurückgezogen und war nicht bereit, mir wenigstens bei der Suche zu helfen. Endlich hatte ich einen Bäcker aufgetan, der noch eine halbe Stunde lang offen hatte. Ich setzte mich uns Auto und brauste los. Anders, als man es von einem kleinen Ausflug am Ostersonntag bei strahlendem Sonnenschein erwartet, war ich alles andere als gut gelaunt. Stattdessen war ich total geladen und hatte eine Wut auf meinen Mann im Bauch, die sich wirklich gewaschen hatte. Nachdem der einzig offene Bäcker natürlich auch nicht in unserem Dorf war, sondern mehr als zehn Kilometer entfernt und noch mehrere Leute auf die Idee mit dem Osterausflug gekommen waren, wenn auch sicherlich aus anderen Gründen als ich, der Verkehr also ziemlich dicht war, war ich sehr lange unterwegs. Gerade noch so schaffte ich es, vor dem Schließen der Bäckerei hinein zu huschen und die Brötchen zu besorgen. Dabei sah ich den nächsten Krach schon bei meiner Rückkehr voraus; denn die von meinem Mann so geliebten Mohnbrötchen waren aus, ich bekam nur noch Sesam, Roggen und normale Schrippen. Deshalb war auf der Rückfahrt meine Laune noch schlechter. Was für ein beschissenes Osterfest, habe ich so bei mir gedacht.
Ja, und dann sah ich auf einmal den Osterhasen. Okay, ich wusste natürlich sofort, das war nur jemand im Osterhasenkostüm. Aber ihr müsst euch das mal vorstellen – ihr fahrt am Ostersonntag eine Straße entlang, und auf einmal steht ein riesiger Hase da, mit Wuschelfell und Schlappohren. Bestimmt auch mit einem Puschelschwänzchen, aber das konnte ich leider nicht sehen. Zumindest für einen winzigen Moment könntet ihr da bestimmt auch an den Osterhasen glauben! Natürlich hielt ich sofort an. Erstens war da ersichtlich jemand in Schwierigkeiten – ob Osterhase oder Mensch, spielte dabei ja keine Rolle! -, und zweitens hatte ich sowieso keine Lust, zu meinem Mann zurückzukehren, wo mich nur eine Fortsetzung des Krachs von vorhin erwartete, weil ich ohne Mohnbrötchen zurückkam. Ich fuhr hinter dem rostigen Gefährt auf den Randstreifen und hielt an. Da kam der Osterhase auch schon an gehoppelt. Nun ja, angelaufen. Als ich die Scheibe herunter gleiten ließ, sah ich zuerst einen echten Hasenkopf mit Hasenzähnchen, aber dann überlegte der Träger des Kostüms sich ersichtlich, dass auf diese Weise eine Verständigung recht schwer werden könnte und nahm den Kopf ab. Zum Vorschein kam der Kopf eines jungen Mannes mit durch das Kostüm reichlich verwuschelten Haaren. Er sah mit dem wilden Haarschopf fast genauso süß aus wie der Hase vorher … Atemlos berichtete er mir, sein Auto sei stehen geblieben, weil ihm das Benzin ausgegangen sei; seine Tankanzeige sei defekt.